Bedoeld is: antroposofie in de media. Maar ook: in de persbak van de wijngaard, met voeten getreden. Want antroposofie verwacht uitgewrongen te worden om tot haar werkelijke vrucht door te dringen. Deze weblog proeft de in de media verschijnende antroposofie op haar, veelal heerlijke, smaak, maar laat problemen en controverses niet onbesproken.

dinsdag 13 december 2011

Hogere waarheden


We gaan er weer eens tegenaan. Tegen het Duits. Want gisteren verscheen er op de website van maandblad Info3 het bericht ‘Drei Autoren und Steiner’:
‘Futurum Verlag und Info3 luden nach Basel ein

Mitte November veranstalteten der Schweizer Futurum-Verlag und Info3 im Basler Ackermannshof ein Podiumsgespräch mit drei Autoren, die in ihren Büchern Beispiele für eine individuell-kritische Positionierung gegenüber Steiner und der anthroposophischen Szene geben. Moderator Jens Heisterkamp würdigte eingangs die Offenheit des Futurum Verlags, der eine Art Spielbein des mit der Herausgabe des Gesamtwerkes beauftragten Rudolf Steiner Verlags ist, neben seiner editorischen Verantwortung auch Freiräume für eine aktuelle Auseinandersetzung mit der Anthroposophie zu öffnen. Diese hatten die Autoren Taja Gut, Andreas Laudert und Christian Grauer in den zurückliegenden Monaten mit teilweise provokanten Buchveröffentlichungen genutzt.

Ein gemeinsames Thema aller drei Autoren war die Kritik an den Absolutheitsansprüchen bei Steiner und den Anthroposophen. Anthroposophen brauchten den Absolutheitsanspruch als gemeinsamen Zement an Überzeugungen, nur so konnten sie ein so breites Netz von Organisationen unter einem Dach aufziehen, meinte Andreas Laudert dazu. Christian Grauer bekannte, wie ihn im Rückblick die Vorstellung, mit Steiners Werk die Lösung aller Welträtsel in Händen zu halten, eher eingeschränkt als befreit habe. Taja Gut stellte fest, dass er die Neigung Steiners zu apodiktischen Urteilen oft als Widerspruch zu dessen Ruf nach individueller Urteilsbildung empfinde. Speziell  Taja Gut, der sich auch als wissenschaftlicher Herausgeber Steiners einen Namen gemacht hat, erntete für seine Position harsche Kritik aus dem Publikum. Ihm wurde vorgehalten, ausgerechnet im Rahmen des Rudolf Steiner Verlags, dessen Hauptaufgabe es ist, Steiners Werk zu verlegen, quasi eine “Gegnerschrift” veröffentlicht zu haben.

Demgegenüber meinte der Moderator abschließend, es sei berührend, wie alle drei Autoren trotz individueller Kritikpunkte ein schöpferisches und authentisches Verhältnis zu Steiner dokumentierten und gerade dadurch die Fruchtbarkeit seines Werkes heute unter Beweis stellten.

Karin Rohrer
Ausführliche Version hier.’
Alle drie de auteurs hebben we hier al eens ontmoet. Dus ik hoef ze niet nog eens voor te stellen. Trouwens, dat gebeurt al in het hilarische verslag van Karin Rohrer op de weblog van Ansgar Martins, onder de titel ‘Steiner individuell: “Innere Gegner”* unter sich’:
‘Vorwort A.M. – Auf diesem Blog wurden im vergangenen Jahr die Bücher von Taja Gut, Andreas Laudert und (ganz zuletzt) Christian Grauer vorgestellt. Die drei stehen für eine interessante Entwicklung in der anthroposophischen Szene, indem sie, alle biographisch eng mit derselben verbunden, für eine Abkehr vom missionarischen Anspruch auf “höhere Wahrheiten” und paranoidem Personenkult plädieren. Die Folge dieser emanzipatorischen Absichten waren (wie zu erwarten) relativ weitgehende Ächtungen in der anthroposophischen Szene. Alle drei trafen sich am 10. November im Philosophicum Basel auf einer Podiumsdiskussion. Karin Rohrer berichtet.

Ich bin super pünktlich und eine ganze Viertelstunde vor Veranstaltungsbeginn im Ackermannshof, einem geschichtsträchtigen Basler Haus ganz in der Nähe des Rheins. Alles hier scheint vornehm, extravagant konzipiert und stilgerecht renoviert. Erst kürzlich fand die Vernissage zur Eröffnung statt: ein Kulturzentrum für gehobenere Ansprüche.

Auf dem Terminplan steht eine außerordentliche Veranstaltung, deshalb komme ich gleich zum Wichtigsten: Als Erstes suche ich die Toilette. Und finde sie ein paar Meter vom Eingangstor entfernt in einem schmalen Gang, der von der Eingangshalle wegführt. Die erste Überraschung hat mich auch schon gefunden: Die Türe zum stillen Örtchen ist nicht wie gewohnt gestaltet, sondern eine Bunkertüre. Richtig klar, was dies bedeutet, wird mir jedoch erst, als ich den Raum wieder verlassen will. Da ist keine Klinke! Ich suche zuerst gelassen nach dem rechten Griff, um das Teil zu bewegen, das mir den Weg frei geben sollte für den Gang in den Festsaal, indem zwei meiner Facebookfreunde, ein Autor, dessen kürzlich erschienenes Büchlein mich begeisterte und ein weiterer, mir bis dahin unbekannter Autor sich unterhalten würden über ihre Buchveröffentlichungen. Wie um Himmels Willen komm’ ich aber da wieder raus, frage ich mich – je länger desto nervöser? Da sehe ich eine Hinweistafel mit einer Hand, die scheinbar darauf hindeutet, wo der Türrahmen endet und die Türe beginnt. Ich versuche auf verschiedene Weise, die Tür in Bewegung zu bekommen, jedoch ohne Erfolg. Schon will ich einen Schritt zurücktreten und “Sesam öffne Dich” meditieren, da hat zum guten Glück noch jemand anderes das Bedürfnis nach diesen Räumlichkeiten und ich kann, sichtlich erleichtert und mit großem Verständnis der Eintretenden, mich doch noch auf die Suche nach dem Festsaal begeben.

Die nächste Verwunderung trifft mich im Treppenhaus: eine Bekannte. “Frau H, sie hier?” Sie: “Was machst Du denn hier? ... (Sie duzt mich, offenbar in Verwunderung, mich hier vorzufinden). Wir gucken uns andächtig um, während wir die samtig dezent glänzend geschliffene Holztreppe hochsteigen ... Du meine Güte, denke ich, das kann ja heiter werden für die Jungs, die hier in aller Öffentlichkeit persönlich ihr innerstes Verhältnis zu Rudi preisgeben wollen! Aber ich weiss, sie haben Jens Heisterkamp dabei, der wird die Lage sicher managen. Die kurze Zeit vor Veranstaltungsbeginn nutze ich dazu, die sich nach und nach einfindenden, im anthroposophischen Rahmen durchaus illustren Gäste zur Kenntnis zu nehmen. Und ehrlich gesagt, die meisten kenne ich aus Dornach, der Anthroposophenkolonie, sogenannte “Kapazitäten”, die bestimmt keine offenen Fragen mehr haben bezüglich dem, was Anthroposophie ist oder zumindest sein soll, so meine Vorstellung jedenfalls.

Und jetzt nehmen sie vorne im Rampenlicht und unter imaginärem Trommelwirbel Platz, die drei Autoren Christian Grauer, Taja Gut, Andreas Laudert und der Moderator Jens Heisterkamp von der Zeitschrift Info3, dem sogenannten Boulevardblatt, wie sie in den eigenen Reihen oft genannt wird, einerseits, weil die Autoren recht unkonventionelle Steinerdeutungen vertreten und andererseits sich die Zeitschrift auch spirituellen Strömungen außerhalb der Anthroposophie zuwendet.

Nachdem Heisterkamp die Anwesenden begrüßt hat, dankt er gebührlich dem Basler Futurum Verlag, solch undogmatische Bücher zu verlegen. Mit der Anknüpfung der Hoffnung, solch ein Wagnis möge der Weiterentwicklung der Anthroposophie dienen, wendet er sich als erstes Taja Gut zu und stellt ihn kurz vor: Er war u.a. einige Jahre tätig im Rudolf Steiner Archiv in Dornach, in dem er an der Edition des Rudolf Steiner Gesamtwerkes mitarbeitete. Wie ich bei einer Recherche anlässlich dieser Veranstaltung bemerkte, nutzt er diese Tatsache jedoch nicht unbedingt zur vollen Zufriedenheit der ehemaligen Arbeitgeber aus (vgl. die “Stellungnahme” von Walter Kugler). Heisterkamp bezeichnet denn Guts Buch auch als radikal. Dieser schilderte nämlich 2010, wie ihn die Diskrepanzen und Widersprüche bei Steiner bis heute umtreiben: z. B. dessen Absolutheitsanspruch im Gegensatz zu seiner hochgelobten Freiheit und Individualismus oder dem Aufruf, alles selber zu finden bis zu dem, immer an Bestehendes anschließen zu müssen. Auch sei Steiner kein Systematiker gewesen. Umso erstaunlicher sei es, dass aus seinen vagen Angaben so etwas wie eine anthroposophische Medizin und biologisch- dynamische Landwirtschaft habe entstehen können.

Mit der Bemerkung, dass die anwesenden drei Autoren Schwächen der Anthroposophie thematisierten, aber keiner von ihnen ihr in den Rücken falle, jeder sich mit ihr auf seine eigene Weise identifiziere, wendet sich Jens Heisterkamp Andreas Laudert zu. Laudert arbeitet als Deutschlehrer, schrieb Lyrik und Theaterstücke. Eine zeitlang war er als Priester in der anthroposophienahen “Christengemeinschaft” tätig – einige Anekdoten gibt er in seinem einschlägigen Buch “Abschied von der Gemeinde” zum Besten. In der anthroposophischen Künstlerszene stieß er auf eine bemerkenswerte Verschlossenheit, die er aus anderen Künstlerkreisen so nicht kannte.

Über Christian Grauer erfahren wir, dass er einem klassisch anthroposophischen Elternhaus entsprungen ist – nach einer langen und leidvollen Ehe mit der Anthroposophie als seiner persönlichen “Einmannsekte” interessiert ihn heute vor allem Steiners – “konstruktivistische” Erkenntnistheorie. In seinem Buch “Es gibt keinen Gott, und das bin ich” betreibt Grauer eine radikale Befragung seiner bisherigen Anthroposophie. Das Buch ist humorvoll zu lesen, nahe an einem Kabarett, jedoch nie, um andere zu verunglimpfen, immer auf sich selbst gerichtet. Heisterkamp zu Grauer: “Sag, was ist eine Einmannsekte?” Grauer: “Ich war eine Einmannsekte!” Er schildert, dass seine frühere Vorstellung von Anthroposophie nicht weniger als die Überzeugung war, er habe mit Steiner den Schlüssel zur Lösung des Welträtsels in den Händen und könne hiermit das Leben in den Griff bekommen. Und: Nur Steiner habe diesen Schlüssel. Also hier wieder der Absolutheitsanspruch, der auch Gut zu schaffen macht.

Der Moderator fragt die drei nun, was bei ihnen nach dieser existentiellen Befragung noch von Steiner übrigbleibt. Taja Gut antwortete, ihn interessiere Steiner “nur” als Mensch. Als ein Mensch, dem gegenüber für gewöhnlich drei Extrempositionen eingenommen würden:
1. Steiner ist ein Schwindler
2. Er ist ein Psychopath
3. Alles ist wahr, was er sagte
Alle drei Varianten gehen für Gut nicht auf. Vielmehr gehe es vielen Anthroposophen gar nicht um Steiner, sondern um einen unfehlbaren Zeugen ihres eigenen Glaubens. Es wird das Eigene auf ihn gespiegelt. So resultieren Grabenkämpfe.

Laudert äußert, ihm gehe es nicht nur um Steiner, sondern vor allem um einen Draht zu authentischer Spiritualität. Steiner wollte anstossen, den eigenen Weg zu gehen und ging selber als leibhaftiges Beispiel voran. Seine zentralen Fragen lauteten, so Laudert: Was bedeutet Steiner für die Gemeinschaft und wie weit hat Steiner die Menschen an sich gefesselt? Wie befreit man sich aus diesem Bildernetz wieder? Grauer spricht sich dafür aus, Steiner soweit zu relativieren, dass man sich nicht mehr jeder seiner Aussagen fügen müsse.

Heisterkamp hakt weiter nach: Anthroposophen würden, zumindest von außen, als homogene Gruppe wahrgenommen. Sei es ratsam, sich von diesem Gemeinschaftsleben zu verabschieden, von den “Zweigen” zum Beispiel? Laudert verweist auf die Vergangenheit: Anthroposophen brauchten den Absolutheitsanspruch als gemeinsamen Zement an Überzeugungen, nur so konnten sie ein so breites Netz von Organisationen unter einem Dach aufziehen. Die Gemeinschaftsmöglichkeit sei immer vorhanden, auch wenn die alten Formen wegbrächen, fraglich allerdings, was dann genau passiere. Grauer betonte, diese neue Gemeinschaft müsse um der Gemeinschaft willen da sein und nicht, um der Anthroposophie zu dienen, den Vorstellungen, die jeder davon habe.

Zum Ende hin stellt dann Heisterkamp die obligatorische Schlussfrage: Wie weiter mit der Anthroposophie? Er fragt, wofür sich die drei Autoren mit Blick auf Steiners Werk in Zukunft einsetzen wollten. Laudert plädiert für den altbekannten Begriff der Übernahme von humaner und ökologischer Verantwortung – als persönlicher Verantwortung, die nicht zu delegieren sei. Seine persönliche Baustelle sei vor allem die gegenwärtige Theaterszene. Gut bezeichnete Steiner als genialen Dilettanten im positiven Sinne, einen Anreger. Grauer: Für ihn spielt der philosophisch-konstruktivistische Ansatz Luhmanns eine zentrale Rolle bei der Betrachtung des steinerschen Werkes; die ganz starke Konstruktivismuskritik bei ihm. Nur diese Ideen haben Bestand, die er auch erleben kann.

Jens Heisterkamp beschloss mit Grauers Ausführungen das Gespräch und übergab das Wort dem Publikum. Und tatsächlich, aus den wenigen Wortmeldungen hoben sich zwei besonders hervor, die augenscheinlich bloße Kritik anbringen wollten. Auf die Nachfrage, wo konkret die Unterstellung denn zu verorten sei, war aber auch direkt Schluss bei der einen Person, weil sie sich angeblich nicht schnell genug erinnern konnte an die Stellen in Taja Guts Buch, die sie so brüskierend fand. Ein Herr äußerte, er könne nicht verstehen, wie es möglich ist, dass Taja Gut im Rudolf Steiner Verlag, dessen Hauptaufgabe es ist, Steiners Werk zu verlegen, quasi eine Gegnerschrift veröffentlicht habe. Da er selbst ehemaliger Steiner- Herausgeber sei, liege hier eindeutig ein Missbrauch vor. Gut wie auch Heisterkamp vertraten die Ansicht, dass diese Möglichkeit auf die Offenheit des Verlags, auch Autoren jenseits der Gefälligkeit eine Plattform zu bieten, hinweise. Aus dem Publikum kam wie zu erwarten keine Reaktion auf die beiden Wortmeldungen.

Karin Rohrer, geboren 1962, wohnt und arbeitet seit 20 Jahren in Basel und Dornach

* so die Betitelung Taja Guts nach dem Erscheinen seines Buchs “Wie hast du’s mit der Anthroposophie?” in der rechtsanthroposophischen Zeitschrift “Der Europäer”’
Het is nog altijd moeilijk om een nogal andere mening dan die van jezelf te verdragen, blijkbaar. Op 1 december had Ansgar Martins ook al een interessant bericht, namelijk delen uit het genoemde boek van Christian Grauer. En omdat we het van de ‘jeugd’ (zo vreselijk jong zijn de genoemde heren ook weer niet) moeten hebben, laat ik hier ook ‘Die Wunderwaffe jedes Fundamentalisten’ volgen:
‘Vorwort A.M. – Am 19. Dezember erscheint endlich die Lösung aller (anthroposophischen) Rätsel: Endstation Dornach, verfasst von Felix Hau, Christian Grauer, Christoph Kühn und meiner Wenigkeit. Christian Grauer hat mit einer eigenen Buchveröffentlichung bereits vorgegriffen: Im Herbst erschien im (seit Neustem) Baseler Futurum-Verlag sein Buch: Es gibt keinen Gott, und das bin ich! Anthroposophie im Nadelöhr. Darin beschreibt er die ideologischen Tücken (s)eines abgelegten anthroposophischen Fundamentalismus – und wie sich auch aus dessen Steinen doch noch etwas bauen lässt. Dem Futurum-Verlag danke ich für die “Abdruck”-Genehmigung.

Der Ritter der Kokosnuss

“Fanatismus findet sich nur bei solchen, die einen inneren Zweifel zu übertönen suchen” – Carl Gustav Jung

Ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr, welches Buch ich von Steiner zuerst gelesen habe. Ich erinnere mich, dass ich viele Grundgedanken der Anthroposophie zunächst durch die Erzählungen meiner Mutter erfahren habe, insbesondere auch in mitgehörten Gesprächen. Ich erinnere mich aber, dass ich erst relativ spät, nach der Lektüre bereits einer ganzen Reihe von esoterischen Vorträgen, die “Philosophie der Freiheit” gelesen habe. Ich weiß nicht mehr, wie ich sie aufgenommen habe, weil ich sie später so oft gelesen habe, dass die Erinnerungen sich ineinander auflösen. Ich weiß aber, dass ich nicht besonders begeistert von der Lektüre war. Die Faszination, die ich von diesem sagenumwobenen Buch von Rudolf Steiner erwartet habe, stellte sich jedenfalls nicht ein. Ich vermute heute, dass ich die okkult-esoterische Aura vermisste, welche die Inhalte jener Anthroposophie umgaben, die ich durch meine Eltern und die Waldorfschule kannte, und dass ich irritiert war von der sachlichen und rein begrifflichen Darstellung, die es heute wiederum für mich zu einem der bekömmlichsten Werke Steiners macht.

In meiner Erinnerung ist das Thema, das mich in der Anthroposophie zunächst am meisten interessierte, alles, was mit dem Tod, dem Leben nach dem Tod und mit Reinkarnation zu tun hatte. Ich musste ja als Jugendlicher irgendwann lernen, dass es Menschen gab, die nicht an die Wiedergeburt glaubten! Wir hatten im christengemeinschaftlichen Religionsunterricht, den ich in der 10.Klasse besuchte, das Thema “Leben nach dem Tod” anhand des einschlägigen Buches von Raymond A. Moody behandelt. Dieses Buch faszinierte mich insofern, als mir hier von nichtanthroposophischer Seite der Beweis erbracht schien für die Richtigkeit der Überzeugung, dass es ein Leben nach dem Tod gebe, dass der physischen Existenz eine geistige folgen würde. Diese geistige Existenz, die auch schon vor dem Tod vorhanden, bloß versteckt war, schien mir dasjenige zu sein, worum es in der Anthroposophie ging. Ich hielt diese geistige Welt für die Lösung des Rätsels des Lebens und Rudolf Steiner für ihren Propheten. Und so begann ich mich mit den theosophisch-anthroposophischen Schriften Steiners auseinanderzusetzen, um immer mehr über diese Welt zu erfahren und wie sie die sinnlich wahrnehmbare Wirklichkeit beeinflusste. Insbesondere die “Geheimwissenschaft im Umriss” hinterließ eine nachhaltige Faszination und machte mich mit dem Entwicklungsgedanken von Steiner in aller Anschaulichkeit vertraut. Begleitet wurde diese Lektüre durch die Anthroposophie-Rezeption und den Austausch mit meiner Mutter, die ein besonderes Interesse für christologische und kunstgeschichtliche Themen hatte.

In meiner anthroposophischen Überzeugung formte sich die Welt zu einer kompakten, geschlossenen Veranstaltung, deren Herkunft in einem fraktalen, rhythmischen Prozess lag: von der reinen Geistigkeit zu einer immer tieferen Verkörperung im Physisch-Sinnlichen, mit dem Ziel, in verwandelter Weise wieder in diese Geistigkeit aufzusteigen. Der Protagonist dieses Wiederaufsteigens war der Mensch. Und der Führer durch die Dunkelheit der Geistesferne war kein Geringerer als Christus, der Sohn Gottes und als solcher höchstes geistiges Wesen, das mit seinem Durchgang durch den Tod nicht nur prototypisch das Los des Menschen auf sich genommen, sondern sich geistig-real in die Erde und damit in der Physis entäußert hat. Dieses Ereignis als das denkbar größte Mysterium fand vor 2000 Jahren in Palästina real historisch statt. Meine Aufgabe als Mensch war es also, jene geistige Welt wiederzuentdecken, zu welcher wieder aufzusteigen uns Christus die Möglichkeit geschaffen hatte. In dieser Wiederverbindung mit der geistigen Welt begriff ich den Inhalt des Wortes ‘Religion’ in einem tatsächlich konfessionsfreien, überreligiösen Sinne – mit der Einschränkung, dass Christus und das ‘Mysterium von Golgatha’ nicht zur Diskussion standen. Ob einer daran glaubte oder nicht, war für die Mission des Christusereignisses nicht von Bedeutung. Es vollzog sich unabhängig von Religion. Ich machte so mit der Anthroposophie letztlich alle Menschen zu Christen, nur dass die einen davon wussten, die anderen aber nicht. Der diskriminierende Charakter eines solchen Begriffs des Christentums fiel mir nicht auf. Anthroposophie war für mich auch keine Religion, sondern Wissenschaft; eine Wissenschaft mit anderen Mitteln, aber eine Wissenschaft. Ich glaubte nicht an Reinkarnation, sondern ich wusste, dass es die Wahrheit ist und dass letztlich jeder Religion, soweit sie authentisch ist, diese Wahrheit irgendwie zugrunde lag. Und ich erkannte nicht die Überheblichkeit, die in meinem Glauben lag, über ein Erklärungssytem zu verfügen, das anderen Weltanschauungen übergeordnet war und diese in ihrer Beschränktheit erklären konnte. Ich glaubte, alle Weltanschauungen und Religionen in die Anthroposophie integrieren zu können und sah darin das größtmögliche Maß an Toleranz und Verständigung, das überhaupt möglich ist.
(S. 28-30)

Mit dem Michaelsschwert im Hörsaal

“Die Maxime, jederzeit selbst zu denken, ist die Aufklärung” –  Immanuel Kant

Nach dem Abitur, dem Zivildienst und einer etwas ungezielten Suche nach einem geeigneten Studium landete ich schließlich in Berlin und studierte Philosophie, Lingusitik und Italienisch. Es hatte einige Zeit gebraucht, bis ich mich zur Philosophie durchringen konnte. Einerseits betrachtete ich sie als die Krönung aller akademischen Wissenschaften und demjenigen am nächsten stehend, was für mich die Faszination an der Anthroposophie ausmachte. Auf der anderen Seite hatte ich auch eine gewisse Ehrfurcht vor ihr. Mir war, als könne man sich dafür nicht einfach einschreiben, sondern müsste irgendwie dazu berufen werden.

Diese Ehrfurcht hatte durchaus auch mit meiner anthroposophischen Weltanschauung zu tun, weil ich mir unter Philosophie im wesentlichen das weltliche Pendant zur Anthroposophie vorstellte. Eine voranthroposophische Anthroposophie, die nur noch nicht das Glück hatte, Steiner und die geistig erweiterte Erkenntnismethode kennenzulernen. Und so fand ich mich also irgendwann in philosophischen Vorlesungen wieder udn beschäftigte mich mit den großen Autoren der Geistesgeschichte. Und ich begegnete darin erneut den Fragen, die ich schon aus meiner Beschäftigung mit der Anthroposophie kannte. Aber es blieb zunächst bei den Fragen. Die Antworten, soweit es diese in der Philosophie überhaupt gibt, waren ganz anders als meine. Ich hatte ja auf all diese Fragen bereits Antworten. Und so fundamentalistisch wie mein Weltbild war, so sicher war ich mir bei diesen Antworten. Ich wusste im Grunde alles besser als alle Philosophen von Platon bis Popper. Zwar hatte ich dieses Wissen im Einzelnen nicht unbedingt zur Verfügung, aber ich war im Besitz der Wunderwaffe jedes Fundamentalisten: Ich wusste, das im Falle einer Differenz zwischen einem bestimmten Philosophen und der Anthroposophie auf jeden Fall die Anthroposophie recht hatte. In Rudolf Steiner hatte ich einen virtuellen Gewährsmann, der jede Philosophie überstieg und daher aus einer übergeordneten Sicht alles, was Philosophen je geschrieben hatten und je schreiben würden, bereits eingeordnet und bewertet und es mit seiner übermenschlichen Fähigkeit zur Emphase durchdrungen, aufgehoben und in die richtige Form gebracht hatte. Mit dieser Haltung ging ich also in die ersten Semester.

Mas muss sich das einmal vorstellen! Natürlich trug ich das nicht offen aus, aber untergründig war es meine Überzeugung. Ich kam mir fast vor wie ein Agent der höheren Wahrheit, der dieser zurückgebliebenen Philosophie auf die Sprünge helfen wollte und der studierte, als ginge es darum, den Feind zu zersetzen.

Nun war das aber auch nur eine von mehreren Stimmen in mir. Es gab durchaus auch eine andere Stimme in mir, welche die Anthroposophie vergessen und sich ganz in der Bewunderung der Philosophie verlieren konnte. Und die Philosophie hat ja nun einen ganz außerordentlichen Vorteil: Sie zwingt zur Reflexion. Trotz meiners Bollwerks an Weltanschauung, das ich jeden Morgen mit ins Institut schleppte, brachte sie mich auch ins Grübeln. Zum einen beschäftigte mich natürlich schon die naheliegende Frage, ob es wirklich wahrscheinlich ist, dass ein einzelner Mensch den totalen Überblick hat, während eine ganze Hundertschaft an Philosophen, die erkennbar mit überdurchschnittlicher Intelligenz gesegnet waren, nur im Nebel herum tappen sollte? Als Anthroposoph beantwortet man sich diese Frage mit der Floskel “sie waren an etwas dran”, was bedeuten soll, dass sie im Rahmen dessen, was eben ohne Anthroposophie möglich ist, durchaus Beachtliches leisteten. Sie hatten eine Ahnung der Wahrheit, sie waren im Grunde auf dem richtigen Weg, und vieles, was sie schreiben, ist auch keineswegs falsch. Ihnen fehlt aber, quasi unverschuldet, die letzte Stufe, um wirkliche Erkenntnis zu haben: der Zugang zur Anthroposophie Rudolf Steiners. Aus diesem logischen Widerspruch konnte ich mich also mit der nötigen Portion hermetischer Argumentation, wie sie fundamentalistischen Überzeugungen eigen ist, durchaus noch herausschlängeln.

Doch es gab einen anderen Widerspruch, dem ich nach und nach begegnete und der letztlich so existenziell war, dass er die eigentliche Krise hervorrief, den eigentlichen Wendepunkt in meinem Weltbild. Dieser Widerspruch war keineswegs ein logischer, er war im Grunde sogar unlogisch. Er fand nicht auf der Ebene diskursiver Reflexion, sondern im Untergrund einer existenziellen und emotionalen Sinnkrise statt.
(S. 55ff.)

Lieber schizophren als ganz allein

Dieser Glaube, den Quell zu kennen, aus dem sich jede andere philosophische, wissenschaftliche, aber auch religiöse und künstlerische, ja überhaupt jede Betätigung des Menschen beurteilen ließ, lähmte jegliches Interesse an allem, was nicht unmittelbar mit diesem Quell in Verbindung stand. Ein Hegel, ein Kant, ein Platon, ein Aristoteles, Thomas und Fichte – sie mochten viele vernünftige Dinge geschrieben haben, die wohl immer auch als Vorbereitungen und Antizipationen der Anthroposophie werden, nie aber das große Tor zur “eigentlichen” Wahrheit aufstoßen konnten, wie es die Anthroposophie in meiner Vorstellung tat. Und noch viel weniger konnten das all jene Philosophen, die nach Steiner lebten und an ihm vorbeigegangen waren. Wie also sollte ich von diesen nur vorläufigen, von Steiners Anthroposophie immer schon übertroffenen Philosophen etwas erwarten, was mir mit der Anthroposophie nicht prinzipiell schon gegeben war? Wie konnte ich überhaupt noch etwas erwarten, wenn ich schon des Rätsels Lösung in Händen hielt?

Diese Erkenntnis verursachte einen nicht unerheblichen Schock bei mir, durch den mein anthroposophisches Weltbild zu erodieren begann. Denn Forschergeist und Idealismus, die romantische Suche nach der blauen Blume, wenn man so will, das war ein unbedingter und wesentlicher Bestandteil meiner Ideologie. Welcher Ernüchterung aber sah ich mich plötzlich gegenübergestellt, als ich erkannte, dass ich bereits im Besitz der blauen Blume sein sollte. Mein Erkenntnis-Idealismus war mit dieser Einsicht auf einen Schlag aller Kraft beraubt. Ich fiel in ein schwarzes Loch, als hätte man mir mein Todesurteil überbracht: Ich sollte am Ende der Suche sein. Es sollte nichts mehr zu entdecken geben. Die Welt: Das war sie! All die Euphorie, die mit dem Entdecken der Welt gerade für einen jungen Menschen verbunden ist, die Begeisterung, mit der man philosophische Richtungen prüfte, verfolgte und wieder verwarf, um nach besseren Anworten zu suchen, um sich und seinen Standpunkt in der Welt zu finden – die ganze existenzielle Fragehaltung eines wahrhaft Suchenden verpufft in der Gewissheit, dass Anthroposophie des Rätsels Lösung sei. Der Zauber der Zukunft und die Erwartung des Unbekannten, das Lebenselixier des jungen Menschen, gerann an meiner Anthroposophie zu einer schalen und wertlosen Brühe.

Und nun geschah etwas Verblüffendes. Ein Student der Philosophie, Wahrheitssucher von Steiners Gnaden, Systematiker und logisch-semantischer Korinthenkacker, einer, der dem Denken die absolute Priorität einräumte und der – so schwer das selbst für mich im Rückblick zu glauben ist – tatsächlich von der Unanzweifelbarkeit seiner Anthroposophie überzeugt war, sagte sich nun Folgendes: Selbst wenn ich mir sicher bin, in der Anthroposophie die letzte Wahrheit gefunden zu haben, so erscheint mir nach allem die Suche nach ihr erstrebenswerter als ihr Besitz. Und ich würde unter allen Umständen lieber auf die Anthroposophie verzichten, wenn mich dies in die Lage versetzte, wieder suchen zu können, Türen zu öffnen, Neues zu finden!
(S. 68-71)

Zelfs dit laatste genoemde boek was hier al in deze kolommen te vinden, op de laatste dag van het vorig jaar in ‘A-typisch’ en op 9 december 2010 in ‘Tongue-in-cheek’. Maar nu is het binnen een week eindelijk echt zo ver. Het heeft dus erg lang geduurd.
.

1 opmerking:

R. van Dijk zei

Interessant weer, hoewel ik het niet geheel gelezen heb. Wist u overigens dat er al weer een nieuwe biografie over Steiner in het Nederlands is van Mieke Mosmuller? Ik koop hem overigens niet, maar zal hem vroeg of laat hopelijk wel in de bibliotheek kunnen krijgen. Overigens denk ik niet dat nieuwe biografieën over Steiner nog veel toe kunnen voegen. Ik vind die van F.W. Zeylmans de beste.

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(Hilversum, 1960) – – Vanaf 2016 hoofdredacteur van ‘Motief, antroposofie in Nederland’, uitgave van de Antroposofische Vereniging in Nederland (redacteur 1999-2005 en 2014-2015) – – Vanaf 2016 redacteur van Antroposofie Magazine – – Vanaf 2007 redacteur van de Stichting Rudolf Steiner Vertalingen, die de Werken en voordrachten van Rudolf Steiner in het Nederlands uitgeeft – – 2012-2014 bestuurslid van de Antroposofische Vereniging in Nederland – – 2009-2013 redacteur van ‘De Digitale Verbreding’, het door de Nederlandse Vereniging van Antroposofische Zorgaanbieders (NVAZ) uitgegeven online tijdschrift – – 2010-2012 lid hoofdredactie van ‘Stroom’, het kwartaaltijdschrift van Antroposana, de landelijke patiëntenvereniging voor antroposofische gezondheidszorg – – 1995-2006 redacteur van het ‘Tijdschrift voor Antroposofische Geneeskunst’ – – 1989-2001 redacteur van ‘de Sampo’, het tijdschrift voor heilpedagogie en sociaaltherapie, uitgegeven door het Heilpedagogisch Verbond

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